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AutorenbildChristine Dicker

ReiCo in Eckernförde – ein Kleinod an der Ostsee

- KONZEPTE -

 

Vom Kaufhaus ReiCo in Eckernförde habe ich schon oft gehört, aber von meinem Wohnsitz in Oberfranken bis hinauf in den Norden sind es viele Kilometer… Im September 2023 bin ich endlich nach Eckernförde gereist. Ein paar Wochen zuvor hatte ich die ReiCo-Inhaber Charlotte und Friedrich von Waldthausen bei einem Event kennengelernt, sie hatten mich spontan eingeladen und sehr neugierig gemacht.

Eckernförde ist ein knapp 23.000 Einwohner zählender Badeort an der Ostsee, den viele Touristen besuchen. ReiCo (damals Hans Reimers & Co.) ist seit 1799 eine Institution am Ort – wer Töpfe, Pfannen und Geschirr oder früher Metallwaren brauchte, der hat hier gekauft. Beinahe hätte diese Geschichte ein vorzeitiges Ende gefunden: Die vorherige Inhaberin konnte alters- und krankheitsbedingt das Geschäft nicht fortführen, sie fand keinen Nachfolger, nur Interessenten für die Immobilie. Bis Friedrich von Waldthausen kam – gebürtiger Eckernförderer und Architekt, der es schade fand, dass es diese Institution bald nicht mehr geben sollte. Spontan fragte er seine Frau Charlotte, ob sie nicht gemeinsam das Geschäft weiter betreiben wollten. Und sie sagte zum Glück für Eckernförde ja. Das war 2018.

Am 16. Dezember 2019 eröffnete das Kaufhaus ReiCo wieder – die Zeit dazwischen überbrückten die von Waldthausens mit den langjährigen Mitarbeitenden mit einem Stand auf dem Weihnachtsmarkt, der dann von einem 75 m² großen Pop-up-Store abgelöst wurde. „Uns war klar, dass wir in der Umbauphase nicht komplett schließen wollten. Unsere Kunden sollten immer wissen, dass es uns auch weiterhin gibt,“ erklärt Friedrich von Waldthausen.

In den gut 13 Monaten dazwischen ist viel geschehen: Bodenbeläge wurde entfernt, der alte Holzboden und die gusseisernen Stützen im Laden freigelegt, das Inventar der 1990er Jahres entsorgt, alte Warenregale vom Dachboden wurden instand gesetzt und wieder in den Laden eingebaut und die starke verkleinerten Schaufenster wieder zur Originalgröße der Zeit um 1910 geöffnet.

Und noch viel mehr ist passiert, was eben so nötig ist, ein in die Jahre gekommenes Geschäft, das sehr konventionell ausgestattet war, in das zu verwandeln, was es heute ist: Ein helles, offenes Geschäft mit hohen Schaufenstern, die viel Licht hineinlassen. Die Verjüngungskur ist gelungen, der Verkaufsraum mit seinen Eisensäulen, den Bögen, den 4,2 m hohen Räumen ist beeindruckend. Die von Waldthausens haben ReiCo in ein Kleinod verwandelt, in dem heute vor allem die Themen Kochen, Backen, Tischkultur, Gartenbedarf und Schenken stattfinden.

Besonders freuen sich die Inhaber an den verschiedenen wertigen, aus massivem Holz gefertigten Regalen und Vitrinen, wie zum Beispiel in der Messerabteilung. In den neu entworfenen und extra angefertigten beleuchteten Möbeln werden die Sortimente von Wüsthof, Güde, Laguiole, Windmühlenmesser und anderen ausgestellt. In den Schubladen im Möbelsockel liegen die Messer dann griffbereit für die Kunden. ReiCo verzichtet weitesgehend auf von der Industrie vorgegebene Verkaufsträger. Wenn sie doch zum Einsatz kommen, dann entweder ohne oder mit einem reduzierten Branding. Stattdessen: Viele Eigenanfertigungen aus massivem Holz, sanft hinterleuchtet, um die Ware in Szene zu setzen. „Alles, was hier passiert, soll in einer Art und Weise geschehen, dass es auch noch in den nächsten 100 Jahren funktioniert,“ beschreibt Friedrich von Waldthausen seinen Anspruch an die Einrichtung und das damit geschaffene Einkaufserlebnis.

Was noch im Geschäft auffällt: Es ist wohltuend unperfekt. Die Verkaufsmöbel sind nicht aus einem Guss, es steht hier und da auch mal ein Holztisch, auf dem sich die Ware stapelt. Doch genau das macht den Reiz von ReiCo aus. Auch den Kunden gefällt das: Sie finden auf der bisher 190 m² großen Verkaufsfläche Töpfe, Pfannen, Küchenhelfer, aber auch Geschirre, Filzuntersetzer, Kerzen, Decken, Gartenwerkzeuge und vieles mehr. Über 60 Hersteller sind hier mit ihren Sortimenten vertreten. „Uns ist wichtig, nur Qualität anzubieten, es geht uns um Langlebigkeit,“ so erklärt Charlotte von Waldthausen das Konzept. Anregungen findet sie auf Messen, auf den Social Media Kanälen und im Ausland. Sie hat ein gutes Gespür für die Ware, für Trends, für Farben und setzt das alles sehr gekonnt um… Das Geschäft wirkt auf mich sehr stimmig, sehr aktuell, aber auch sehr wertig. Charlotte von Waldthausen selbst beschreibt ihren Stil als fröhlich, nordisch und farbig.

Apropos Öffnungszeiten: In Eckernförde kann man auch am Sonntag einkaufen – alle Geschäfte haben offen, natürlich auch das Kaufhaus ReiCo und zwar von 11 bis 17 Uhr.


Das schöne, vielfältige Sortiment, das zum Stöbern einlädt, ist das eine. Das andere sind die überaus freundlichen und sympathischen Mitarbeiter (und natürlich das Ehepaar von Waldthausen ebenfalls), die hier mit viel Know-how beraten, auf die Wünsche der Kunden eingehen. Und seien sie noch so klein. Die auch bei Reklamationen kulant reagieren: „Der Kunde sagt, was ihn stört, wir hören zu und helfen.“ Und die sich freuen, dass es hier wenig bis gar keine Preisdiskussionen gibt. Insgesamt drei Vollzeit-, zwei 30 Stunden Kräfte und eine Teilzeitkraft stemmen den Laden, dazu kommt noch Charlotte von Waldthausen. Das klappt gut, aber auch deshalb weil die von Waldthausen sehr strukturiert sind, digitale Tools zum Beispiel auch für die Personalplanung nutzen. „Mitarbeiter teilen uns mit, wenn sie z.B. einen Arzttermin haben, dann planen wir um den herum,“ erklärt Friedrich von Waldthausen. Die langjährigen Mitarbeiter danken es… Silvia Gebhard (die nicht fotografiert werden wollte) ist schon seit 35 Jahren dabei und hat durch den Umbau noch einmal einen kräftigen Motivationsschub erhalten. Berit Doose, seit fünf Jahren bei ReiCo, schätzt nicht nur das Miteinander und die gute Stimmung im Team, sondern auch die freundlichen, kauffreudigen Kunden, die sich an den schönen Dingen freuen und oft positives Feedback geben.

Wie zufrieden sind die beiden Inhaber mit den Geschäften? Frage ich. „Wir schreiben schwarze Zahlen, aber auch deshalb, weil für uns immer die Warenbeschaffung Vorrang hat, um den Kunden ein breites Sortiment anbieten zu können und keine Leerverkäufe zu haben,“ so Charlotte von Waldthausen. Da steht dann eben mal der ehemalige Esstisch der Familie im Geschäft, und der passt übrigens ausgezeichnet. Oder die Beschriftung im Außenbereich erfolgt erst dann, wenn beide damit zufrieden sind. Viel wichtiger ist beiden, stets die entsprechende Ware vor Ort zu haben. Da agieren die beiden mit viel Weitsicht. Friedrich von Waldthausen hat zum Beispiel sofort geordert, als er von der Blockade des Suez-Kanals durch ein querliegendes Frachtschiff im Jahr 2021 gelesen hatte. Eine Entscheidung, die sich als richtig herausgestellt hat. Übrigens, das Kaufhaus ReiCo hat natürlich eine eigene Website und ist auch auf Instagram sehr aktiv, einen Onlineshop aber gibt es nicht. „Wir schicken jedem, der mag, seine Einkäufe nach Hause,“ sagt Friedrich von Waldthausen. Aktuell wird die erste Etage des Kaufhauses ausgebaut – ohne Eile. Ich werde wohl doch noch mal in den Norden fahren müssen…

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