- HINTERGRUND -
Am Online-Handel geht kein Weg mehr vorbei – die Pandemie hat diese Entwicklung noch einmal beschleunigt. Das heißt aber nicht, dass der stationäre Handel out ist. Multichannel ist das Gebot der Stunde. Online heißt zudem, ständig neue Entwicklungen im Blick zu haben – wie zum Beispiel Metaverse. Der Begriff steht sozusagen für ein begehbares Internet, einer virtuellen 3D-Welt. Das ist noch Zukunftsmusik. Realität hingegen ist, dass der Online-Handel stetig zulegt. Wie er sich entwickelt hat, das hat nun der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (Bevh) auf Grundlage einer Verbraucherbefragung ermittelt.
In der Verbraucherbefragung „Interaktiver Handel in Deutschland“ wurden vom Januar bis Dezember 2021 40.000 Privatpersonen aus Deutschland im Alter ab 14 Jahren zu ihrem Ausgabeverhalten im Online- und Versandhandel und zu ihrem Konsum von digitalen Dienstleistungen (z. B. Reisen oder Ticketing) befragt. Das Ergebnis:
Annähernd jeder siebte Euro, der den Deutschen für Haushaltsausgaben zur Verfügung steht, wurde im Jahr 2021 für Waren im E-Commerce ausgegeben. Ein Jahr zuvor war es noch jeder achte. Bereinigt man die Umsätze um Lebensmittel-Einkäufe, hat der E-Commerce mit Waren 2021 sogar jeden fünften Euro auf sich gezogen. Der Brutto-Umsatz mit Waren im E-Commerce stieg im Gesamtjahr 2021 auf 99,1 Mrd. Euro nach 83,3 Mrd. Euro im Jahr 2020. Das Wachstum zum Vorjahr beträgt entsprechend 19,0 %, 2020 wuchs die Branche um 14,6 % zum Jahr davor. 40,2 % des Umsatzes wurde über mobile Endgeräte erwirtschaftet. Inklusive der digitalen Dienstleistungen, die nochmals leicht auf 8 Mrd. Euro zurückgingen, betrug das Gesamtvolumen mehr als 107 Mrd. Euro (inkl. Umsatzsteuer).
„Die Corona-Pandemie setzt weiterhin Gesellschaft und Handel in einen Ausnahmezustand, aber der digitale Handel bringt mit der sicheren Warenversorgung ein Stück Normalität zurück. E-Commerce wird immer mehr als das Normale und Übliche empfunden. Sein Wachstum stabilisiert sich auf hohem Niveau nach Ausschlägen zum Beginn der Pandemie und zeigt, dass sich seine Vorteile wie größere Auswahl und mehr Service dauerhaft durchsetzen werden. Handel ohne E-Commerce ist schon jetzt nicht mehr denkbar, weder für die Konsumenten noch für Händler“, erklärt Gero Furchheim, Präsident des bevh.
E-Commerce unverzichtbar geworden
Der Anteil „zufriedener“ und „sehr zufriedener“ Onlinekäufer erreichte mit 96,3 % einen neuen Rekordwert. Nie zuvor haben Menschen in Deutschland so viel online eingekauft und gleichzeitig eine so hohe Zufriedenheit geäußert. Das gilt auch für das kritische vierte Quartal. Anders als befürchtet blieben Auswirkungen von Lieferkettenstörungen im E-Commerce weitgehend aus.
Festzustellen war eine erhöhte Bestellfrequenz.Gut vier von zehn Befragten (40,9 %) gaben an, öfter als einmal in den vergangenen sieben Tagen online bestellt zu haben. Das ist mehr als im Vorjahr (2020: 39,7 %) und deutlich mehr als vor der Pandemie (2019: 33,2 %).
Dass E-Commerce in der Breite der Gesellschaft angekommen ist, zeigt sich in der Bestellhäufigkeit nach Altersgruppen. Seit Pandemiebeginn gilt nicht mehr, dass E-Commerce vor allem von Jüngeren genutzt wird. Käufer ab 50 Jahren sind erneut für mindestens die Hälfte aller Kaufakte im Internet verantwortlich.
„Always on, everywhere“
Inzwischen gehört die Bestellung über mobile Endgeräte wie Smartphones und Tablets zur Normalität. Innerhalb der vergangenen zwei Pandemiejahre erhöhte sich das Umsatzvolumen des Mobile Commerce um 56,5 % auf 39,9 Mrd. Euro, gut 40 % des gesamten E-Commerce-Umsatzes mit Waren im Jahr 2021. Vor Jahresfrist lag der mobil generierte Umsatz noch bei 28,1 Mrd. Euro, was anteilig einem Drittel entsprach.
14 bis 29jährige kauften in zwei von drei Fällen über Smartphone oder Tablet ein. Social Media und Apps sind für sie nach Suchmaschinen und Onlineshops die wichtigen Informationskanäle vor dem Kauf. Seit 2017 ist allein die Relevanz von Social Media für jüngere Onlinekäufer um 350 % gewachsen.
„Mit der bald dominierenden Nutzung von mobilen Endgeräten für den Einkauf ändert sich auch das Aussehen des E-Commerce insgesamt. Mit Apps und der Nutzung von Social Media entstehen neue Chancen für Händler, ihre Kunden zu erreichen und für sie relevant zu bleiben”, so Martin Groß-Albenhausen, Stellvertretener Hauptgeschäftsführer und verantwortlich für die Marktforschung des Verbandes.
Wachtumstrends nach Waren und Versendern gleichen sich an
In der Pandemie wuchsen die einzelnen Warengruppen sehr unterschiedlich. Zum Jahresende 2021 hat sich das Umsatzwachstum der einzelnen Warengruppen wieder auf einem Niveau leicht über dem langjährigen Mittel angeglichen. Nach wie vor ausgenommen sind davon Waren des täglichen Bedarfs. Lebensmittel, Drogeriewaren und Tierbedarf konnten mit einem Plus von 36,4 % abermals deutlich und am stärksten zulegen (2020: 40,9 %).
Mit einem Brutto-Umsatz von 50,5 Mrd. Euro (2020: 42,1 Mrd. Euro) machte der Kauf über Online-Marktplätze mehr als jeden zweiten Euro im E-Commerce aus. Am stärksten wuchs im Vergleich der Versender jedoch der Direktvertrieb (D2C) von Herstellern. Stationäre Händler, die auch im E-Commerce tätig sind (Multichannel-Handel), verzeichneten Umsatzwachstum von 16,7 %. Damit war ihr Wachstum nicht so stark wie das der Internet-Pure-Player mit 18,4 % (2020: 9,5 %).
Prognose: E-Commerce für Kunden selbstverständlicher denn je
Der bevh erwartet, dass die verlässliche Leistung der digitalen Händler dieses Jahr dazu beiträgt, die Umsatzanteile des E-Commerce im gesamten Handel weiter zu erhöhen. Aktuell geht der Verband davon aus, dass die Umsätze mit Waren im Jahr 2022 um weitere 12,0 % steigen werden. E-Commerce allein mit Waren wird voraussichtlich mehr als 110 Mrd. Euro brutto umsetzen.
„Das Bekenntnis der neuen Bundesregierung zu Digitalisierung und zum E-Commerce in Deutschland, wie wir es im Koalitionsvertrag finden, begrüßen wir sehr. Wichtig ist jetzt, die Entwicklung unserer Branche nicht durch einseitige Belastungen, übergroßen Formalismus und in Gesetze gegossene Angst vor ihrem Erfolg unangemessen einzuschränken. Wir wünschen uns den Mut, auf die Zukunft des Handels zu setzen, statt überkommene Strukturen zu bewahren – in Deutschland und in Europa“, so Christoph Wenk-Fischer, Hauptgeschäftsführer des bevh.