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AutorenbildChristine Dicker

Alles Keramik, oder was?

- HINTERGRUND -

 

Ob Porzellan, Steinzeug oder Majolika - alle diese Materialien werden unter dem Begriff Keramik zusammengefasst. Denn der Begriff steht für alle Waren, die aus tonmineralhaltigen Rohstoffen oder Kaolin hergestellt und gebrannt werden. Zusätzlich wird zwischen Grobkeramik – wie Bauterrakotten, Klinker und Rohre – sowie Feinkeramik unterschieden.

Manuafakturware ist das Porzellan Datum von Fürstenberg. Foto_ Aaron Hargreaves

Zur Feinkeramik zählen beispielsweise einfache Töpferwaren, Majolika, Fayence, Steingut, Steinzeug, Feinsteinzeug, Vitreous China, Bone China und Porzellan. Die Qualitätsunterschiede ergeben sich durch die Materialzusammensetzung, unterschiedliche Brenntemperaturen sowie Glasurarten.


Steingut

Steingut enthält statt Kaolin Ton, Quarz und Calcit, wird meist in Form gegossen, gedreht oder gepresst und bei niedrigeren Temperaturen als Porzellan gebrannt. Das Material ist porös und nimmt Wasser auf. Deshalb werden Steingut-Produkte vor dem Brennen oft allseitig glasiert. Da sich im Gegensatz zu Porzellan beim Brennen Glasur und Scherben nicht verbinden, splittert die Glasur bei Stößen. Steingut ist günstiger, weniger robust als echtes Porzellan und nur bedingt spülmaschinenfest.


Steinzeug

Steinzeug wird aus Tonerde mit einen hohen Anteil an Aluminiumoxid gefertigt und höher als Steingut gebrannt. Somit ist es robuster und wasserdicht. Typisch für Steinzeug ist die weiß-gelblich oder graue Scherbenfarbe (die gebrannte, aber noch nicht glasierte Form). Es ist lichtundurchlässig, tönt aber beim Anschlagen ähnlich hoch wie Porzellan.


Porzellan

Ein Klassiker: Solid Colour von Dibbern.

Hauptbestandteil des Porzellans ist Kaolin, auch Porzellanerde genannt. Dieses sogenannte «weiße Gold» ist ein feines, weißes Gestein ohne Eisenanteil. Kommen dann noch Quarz und Feldspat dazu, entsteht die Porzellanmasse. Porzellan wird bei höheren Temperaturen gebrannt als Steingut und Steinzeug. Erst dann schmilzt das Kaolin und verglast. Porzellan gilt als die wertvollste und robusteste Feinkeramik, obwohl es oft sehr dünnwandig und filigran ist. Bei aller Zartheit ist Porzellan physikalisch gesehen härter als normaler Stahl und sehr belastbar durch Druck.


Merkmale von Porzellan sind eine stark glänzende Oberfläche, der helle Klang und die reinweiße Farbe, die durch Einbindung von Farbkörpern in fast alle Farbtöne abgewandelt werden. Die Bruchfläche des Porzellanscherbens ist glatt, dicht und saugt Wasser nicht an. Oder: Der Scherben ist gesintert. Wird es nicht durch einen zu dicken Scherben daran gehindert, schimmert Licht schimmert durch.


Bei Porzellan wird zwischen Hart- und Weichporzellan unterschieden. Hartporzellan besteht rund zur Hälfte aus Kaolin, dadurch wird es reinweiß. Die hohe Brenntemperatur von rund 1.400 Grad macht es hart und zudem spülmaschinenfest.


Weichporzellan wird hingegen bei ca. 1.280 Grad gebrannt, der Kaolinanteil liegt bei rund 25 Prozent. Es ist gegenüber Temperaturschwankungen empfindlicher als Hartporzellan und deutlich stoßempfindlicher.

In Europa wird vorwiegend Hartporzellan produziert, in China hauptsächlich Weichporzellan.


Porzellanarten:


Vitro-Porzellan hat einen relativ hohen Anteil heller Tonerden, wird unterhalb 1000 Grad Celsius gebrannt und ist streng genommen kein echtes Porzellan. Es ist weniger robust und günstiger. Optisch unterscheidet es sich durch seine ins Cremige reichende Scherbenfarbe.


Bone-China-Porzellan, auch Knochenporzellan genannt, wird aus den porzellantypischen Rohstoffen sowie mindestens 30 Prozent Knochenmehl hergestellt und in einem speziellen Verfahren gebrannt. Es zählt zu den Weichporzellanen, ist aber äußerst robust, obwohl es auf den ersten Blick sehr zerbrechlich wirkt. Die Knochenasche macht das zarte und dünne Material enorm dicht, fest und transparent. Es ist äußerst bruch- und kratzfest und hat eine hohe Kantenschlagfestigkeit.


Fine Bone China ist eine Weiterentwicklung des Knochenporzellans und besonders hochwertig und sehr bruchfest. Sein Scherben ist strahlend weiß und durchscheinend. Hieran lässt es sich deutlich etwa von Vitro-Porzellan oder anderer Keramik unterscheiden, die meist mattweiß oder cremig-weiß ist. Seit 1817 wird Fine-Bone-China-Porzellan in Europa industriell hergestellt. Zuvor war das nicht möglich, was China eine Monopolstellung sicherte.


New Bone China sieht fast so aus, klingt ähnlich, und ist doch kein Porzellan. Das neuartige Material stammt vorwiegend aus Asien und gehört wegen seiner Zusammensetzung weder zum Steinzeug noch zum Porzellan. Oft werden Materialien wie Fensterglas (Talk - Silicium Oxid u.a.) verwendet, die den Scherben durchscheinender machen, ähnlich dem hochwertigen Bone China. Wegen der minderwertigen Ersatzstoffe erreicht es nicht den Weißgrad von echtem Porzellan. Es ist meist günstiger, weniger hart und dadurch stoßanfälliger. Es bricht leichter, die Kanten sind schlagempfindlicher. Auch für Bezeichnungen wie "Fine China" und "Cashmere Bone" stehen für minderwertige Keramikarten.

Alle keramischen Erzeugnisse werden je nach Material bei unterschiedlich hohen Temperaturen gebrannt. Foto: Gmundner Keramik

Bisquitporzellan/Biskuitporzellan ist unglasiert gebranntes Porzellan mit hohem Feldspatanteil und einem geringen Quarzgehalt. Durch die fehlende Glasur gibt es nur geringe Lichtreflexe. Es ähnelt Marmor. Neben Geschirr werden auch Büsten daraus gefertigt – hierfür wurde es ursprünglich entwickelt. Bisquitporzellan eignet sich für Spülmaschine wie Mikrowelle.


Jasperware, benannt nach dem Mineral Jaspis, ist eine hochwertige Form des Steinguts und wurde von Josiah Wedgwood in England entwickelt. Es sollte hohe kunsthandwerkliche Ansprüche erfüllen und sich an antiken Vorbildern orientieren. Jasperware wird bis heute produziert – nicht nur für Geschirr, sondern vor allem auch für Vasen.


Keramische Erzeugnisse werden in der Form gegossen - entweder von Hand oder maschinell.

Silikatkeramik – auch Industrieporzellan oder technisches Porzellan – wird zur Hälfte aus Tonerde, Rest Quarzsand und Feldspat gebrannt, und hat einen weißen, dichten Scherben. Es ist gegen viele Chemikalien beständig zeichnet sich durch ein sehr gutes elektrisches Isolationsvermögen aus. Primär wird es für elektrische Isolierteile in Maschinen, Elektroheizgeräten, Schalter und Lampen eingesetzt. 


Für Frittenporzellan (porcelaine à fritte) wird eine glasige Masse aus Sand, Salpeter, Kochsalz, gebranntem Alaun, Soda und Gips zur Fritte zusammengeschmolzen, nach dem Erkalten pulverisiert, mit Kreide sowie Kalkmergel versetzt und fertiggesintert. Dieses Porzellan enthält kein Kaolin. Die Glasur besteht aus einer vorgeschmolzenen Mischung aus Quarz, Pottasche sowie Soda und wird auf bereits gebrannte Porzellanstücke bei relativ niedrigen Brenntemperaturen aufgeschmolzen. Frittenporzellan ist nicht sehr widerstandsfähig und wird lediglich für Sonderprodukte, wie Ziergegenstände, Porzellanknöpfe etc. verwendet.


Bei Seladon-Porzellan werden der Masse oder Glasur Chromverbindungen beigemischt. Dadurch erscheint das Porzellan nach dem Glattbrand in zartgrünem Jadeton. In China wurden die ersten Seladon-Porzellane in der Zeit der Sung-Dynastie unter dem Namen Pi-si (geheime Farbe) hergestellt.


Bei Manufacture Rock von Villeroy & Boch ist die Porzellanmasse schwarz. Das Ergebnis ist ein gleichmäßig schwarzer Scherben.

Porcelaine noire – auch schwarzes Porzellan – wird zum Beispiel von der Rosenthal GmbH oder Villeroy & Boch produziert. Josiah Wedgwood entwickelte im 18. Jahrhundert in England unter der Bezeichnung Black Basalt schwarz gefärbte, steinzeugähnliche Produkte und Steinzeug. Bereits im 11. Jahrhundert wurde in Peru dunkle, sogenannte Chimú-Keramik hergestellt.


Rosa-Porzellan entsteht durch das Beimischen von Mangansalzen oder durch den Zusatz von Goldverbindungen zur Masse. Gebrannt wird Rosa- oder Rosé-Porzellan bei den üblichen Glattbrandtemperaturen.


Um braunes Porzellan zu erhalten, muss entweder die Masse oder die Glasur braun eingefärbt werden. Häufiger wird durch den Zusatz von Eisenoxid, Manganoxid oder Chromoxid die Glasur gefärbt. Weniger üblich ist die Färbung der Masse durch braun brennende Tone. Braunes Porzellan wird insbesondere für Koch-, Brat- und Backgeschirre verwendet.


Kobalt Porzellan entsteht durch eine der ältesten keramischen Veredelungsarten. Für die Kobaltdekoration wird eine Mischung aus Glasfritte (Glasur) und Kobaltoxid auf weißes Porzellan aufgetragen und ein zweites Mal zwischen 1350 °C und 1450 °C gebrannt. Die Echtheit eines Kolbalt-Dekors ist erkennbar durch einen nicht klar abgegrenzten Übergang von dekorierter zu undekorierter Fläche.

Quellen:

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